TENANT OF CULTURE –
ET AL.
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11.09.–06.11.2021
Workshops: 07.–12.09.2021
Eröffnung: 10.09.2021, 18 Uhr
Öffnungszeiten: Do/Fr 16–20 Uhr, Sa 12–16 Uhr
Im Mittelpunkt der Ausstellung et al. von Tenant of Culture im Kunstverein Dresden stehen Ursprung, Bedeutung und Potenzial der Werkstatt als physischer und sozialer Raum. Historisch gesehen war die Werkstatt der zentrale Ort der Produktion, bevor diese im Zuge der industriellen Revolution in Fabriken hochskaliert und dezentralisiert wurde. Zuvor befanden sich Werkstätten häufig im häuslichen Umfeld, auch die Herstellung von Textilien und Kleidungsstücken spielte sich hier ab – größtenteils durchgeführt von Frauen. Vom Spinnen von Wolle bis zum Weben, Schneiden, Nähen und Dekorieren fanden in Werkstätten verschiedene Techniken ihren Raum.
Heute sind all diese Prozesse aufgegliedert und an ein globales Netzwerk von Herstellern ausgelagert. Unterstützt von Handelsbefreiungen etc. ist ein komplexes System ungleicher Machtstrukturen entstanden. Der Konsum massenproduzierter Waren scheint reibungslos zu erfolgen, erfordert jedoch reichlich natürliche Ressourcen sowie Arbeitskapazitäten und produziert Unmengen von Abfall. Diese Prozesse sind chaotisch, schmutzig und häufig ethisch problematisch, auf den Oberflächen der Kleidungsstücke hinterlassen sie jedoch keine Spuren.
Die De- und Rekonstruktion von Kleidungsstücken bietet somit interessante Ansätze, um genau diese Prozesse nachzuvollziehen und sichtbar zu machen. So verbindet Tenant of Culture in ihrer Ausstellung et al. im Kunstverein Dresden erstmals konsequent die Produktion und die Präsentation von Kunst sowie den Wirkungsbereich von Künstler:innen und Publikum als Teilhabende. Hierfür ist ein modulares Display entstanden, das eine funktionale Architektur für Workshops und künstlerische Raumintervention zugleich ist. Bewegliche Kleiderstangen, Tische und die Torsos ausrangierter Mannequins sind skulpturale Geste sowie praktische Hilfsmittel für das Drapieren und die Bearbeitung der Textilien. Dabei durchläuft die Ausstellung mehrere gleichberechtigte Phasen, die sich aus dem spezifischen räumlichen und sozialen Umfeld des Kunstverein Dresden ergeben:
Auftakt ist die Etablierung des Ausstellungsdisplays als formaler und praktischer Ausgangspunkt – eine Art Infrastruktur in Wartehaltung –, die von einem Aufruf und einer Bitte um Kleiderspenden begleitet wird. Diese ausrangierten Kleidungsstücke werden in einer folgenden intensiven Workshop-Reihe mit lokalen Gruppen recycelt. Dabei werden der ursprüngliche Gebrauch und die Definition der Stücke infrage gestellt und Kreisläufe von Wertzuschreibung und Entwertung thematisiert. Gleichzeitig zeugt dieser Moment kollaborativer Arbeit von einer allgemeinen Sehnsucht nach Kontakt und Dialog, die durch die Pandemie zuletzt eingeschränkt wurden. Die Ergebnisse der Workshops fließen anschließend als Kernelement in die Ausstellung ein und verkomplizieren Fragen künstlerischer Autor:innenschaft. Zuletzt folgt schließlich eine Phase der Auflösung: Alle entstanden Objekte werden lokal verteilt, verschenkt, umgewidmet oder zurückgegeben, womit die Ausstellung et al. im Kunstverein Dresden formall ein Ende nimmt, beteiligte Personen, Beziehungen, Objekte aber in unterschiedlichen Sinn- und Warenzusammenhängen weiter zirkulieren.
Tenant of Culture ist die künstlerische Praxis von Hendrickje Schimmel (*1990 Arnhem, Niederlande, lebt in London). Sie studierte Modedesign (B. A.) an der ArtEZ School of the Arts, Arnhem sowie Textil (M. A.) Royal College of Art London. Seitdem realisierte Schimmel Einzelausstellungen unter anderem bei Sophie Tappeiner (Wien, 2021), Fons Welter (Amsterdam), im Fries Museum (Leeuwarden), bei Soft Opening (London; jeweils 2020) und clearview.ltd (London, 2017). Zuletzt wurde Tenant of Culture mit dem Camden Arts Centre Emerging Art Prize ausgezeichnet, der mit einer Einzelausstellung in der Institution in 2022 verbunden ist.
Kuratorin: Nele Kaczmarek
Die Ausstellung wird gefördert durch den Mondriaan Fund, die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, die Botschaft des Königreichs der Niederlande, die Landeshauptstadt Dresden, Amt für Kultur und Denkmalschutz, und die Stiftung Kunstfonds im Rahmen des Sonderförderprogramms 20/21 NEUSTART KULTUR. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
Mit freundlicher Unterstützung der Nähwerkstatt des Konglomerat e. V.